Mediathek Wolfurt.

Auffällig sind sofort die besonderen Abmessungen der Klinker von 468x108x38 mm. Das lange und schlanke Format des Wasserstrichziegels verleiht dem Gebäude Leichtigkeit und Eleganz und eine Betonung der Horizontalität. Die Farbe ist hellgrau mit grauer keramischer Schlämme, die der Oberfläche zarte Nunacen verleiht.

Wasserstrich
Die Verwendung von Wasser gibt hier der Produktionstechnik den Namen. Der befeuchtete Tonbatzen wird in eine Form gedrückt, die mit Wasser gespült wird. Dabei entsteht eine wunderbare gestrichene Oberfläche mit leichten Verwerfungen und farblich unterschiedlichen Tonschlämmen an der Oberfläche. Das Licht und Schattenspiel sowie die unregelmässige Struktur schaffen ausdrucksstarke archaische Wände, die an Bauten der Antike erinnern und gleichzeitig Modernität ausstrahlen.

Bei Ziegelgitter war eine Herausforderung die spezielle Befestigungsstruktur unsichtbar durch die Klinker zu führen und dabei die statischen Anforderungen Winddruck etc. zu erfüllen. Ein auf Saugfähigkeit der Klinker angepasster Mörtel wurde produziert und an die Farbe des Klinker angepasst.

Im Vorarlberger Wolfurt, gleich neben dem Rathaus, erhebt sich ein imposanter, architektonischer Kubus in Hellgrau und Gold. Für den Entwurf der neuen Bibliothek und Musikschule zeichnet das Architekturbüro Fink und Turnher verantwortlich, die den dafür ausgelobten Architekturwettbewerb für sich entscheiden konnten. Es ist hier vor allem die Fassade, die das Stadtbild entscheidend mitprägt: Während die großzügigen Fensterflächen von Messingplatten akzentuierend gerahmt werden, ergibt die hinterlüftete Klinkerfassade ein ruhiges, detailreiches Erscheinungsbild. Besonders ins Auge sticht hier das außergewöhnlich lange, schlanke Format des Wasserstrichziegels in 468 mal 108 mal 38 Millimeter, das dem Gebäude eine außergewöhnliche Leichtigkeit, Eleganz und Horizontalität verleiht. Der Klinker und der an dessen Saugfähigkeit und Farbe angepasste Mörtel des Österreichischen Klinker-Kontors wurden von der oberösterreichischen Firma Fabau verarbeitet, deren hohe Kompetenz und Knowhow im Klinker- und Fassadenbau unter anderem auch mit der gewünscht unsichtbaren Befestigung der ornamentalen Ziegelgitter herausgefordert wurde.

Über die gebauten Ziegelgitter. Brick screens
Ziegelgitter sind Mauerwerksteile, welche zumeist übereinander und nebeneinander kleine Öffnungen aufweisen, die durch die besondere Art der Anordnung der Ziegelelemente entstehen. Sie werden in Wohnhäusern heißer Gegenden als winddurchlässige, einbruchsichere Füllelemente in Maueröffnungen, als freistehende Brüstungen oder in Einfriedungsmauern und als vorgeblendete Gitter von Außenmauern gegen das Aufheizen durch die Sonne während des Tages, aber auch – besonders in gemäßigten Klimazonen – in bäuerlichen Wirtschaftsgebäuden, vor allem in Heubergeräumen sowie auch in kleinen Käsefabriken in Norditalien verwendet.
Das Besondere der Gitter unserer Region im südostalpinen Raum ist die außergewöhnliche Vielfalt in Konstruktion und Motivik, in der Wahl der verwendeten Ziegelelemente und in der Oberflächengestaltung. Ungeschützte Öffnungen galten als Einbruchstelle für magische Mächte, Dämonen und Geister aller Art. Umso mehr musste man darum bemüht sein, die vielen vergleichsweise großen Ziegelgitteröffnungen mit einem Schutz zu versehen. Die volkstümliche Bezeichnung „Spiegelwand“ für manche Ziegelgitter deutet auf diese Schutzfunktion bei entsprechender Gestaltung hin, böse Mächte zu spiegeln, zurückzuwerfen.
So sind viele Öffnungen in der Form eines Kreuzes und anderer christlicher Zeichen, wie das Jesusmonogramm „IHS“ oder die Zeichen für Maria, den Heiligen Geist, das Herz Jesu gestaltet. Das „Auge Gottes“, Monstranzen, ja ganze Flügelaltäre werden in die Lüftungsgitter dieser landwirtschaftlichen Bauten integriert. Bei manchen Bauten wird das gesamte äußere Gestaltungskonzept Sakralbauten nachempfunden. So erhalten die Gitterflächen die Form von gotischen Spitzbogenfenstern; selbst komplizierte Maßwerkrosetten werden integriert. Andererseits finden sich auch Motive aus nichtchristlichen Glaubensvorstellungen, wie der Drudenfuss, Hörner, Geweihe, Neid- oder Frazenköpfe.

Quelle: Hasso Hohmann, Ziegelgitter in der Alpen-Adria-Region.